Psychische Folgen für die Mutter
Vor 30 Jahren gingen Ärzte davon aus, es sei am besten, das Geschehene so schnell wie möglich zu vergessen. Heute aber weiß man, dass sich die psychischen Folgen einer Tot- oder Fehlgeburt kaum von denen anderer Todesfälle unterscheiden. Bei einer Untersuchung im Jahr 2005 an der Universität Münster fand man heraus, dass 2/3 der betroffene Mütter auch 2 bis 7 Jahre nach dem Verlust immer noch starke Trauer verspürten (vgl. Spektrum der Wissenschaft 2009).
Frauen, die in den letzten 3 Schwangerschaftsmonaten ihr Kind verlieren, haben im Vergleich zu Müttern mit gesunden Säuglingen, ein höheres Risiko an einer Depression zu erkranken. So fand man 2007 heraus, dass knapp 17 Prozent der von einer Fehl- oder Totgeburt betroffenen Mütter, noch 14 Monate später an Depressionen oder Angstzuständen leiden (vgl. Spektrum der Wissenschaft 2009).
Einigen Frauen hilft es bei der Verarbeitung ihrer Trauer, sich einer Selbsthilfegruppe anzuschließen oder einen Psychologen zu kontaktieren. Auch das Schreiben eines Tagebuches oder Diskussionen in diversen Internetforen kann betroffenen Frauen helfen. Vor allem der Austausch von Gedanken und Gefühlen ist für einige sehr wichtig (vgl. Zwick 2010).
Im Wesentlich hängen die Folgen einer Fehl- oder Totgeburt davon ab, über wie viel Selbstvertrauen die Betroffenen verfügen. Haben sie ein realistisches Selbstbild, sind sie gefühlsmäßig stabil, körperlich fit und verfügen über einen gesunden Lebensstil, auch soziale Kompetenzen können die Verarbeitung des Geschehenen beeinflussen (vgl. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz 2005, S. 13).
Auch Jahre nach dem Verlust ist die Trauer noch präsent. Besonders am Jahrestag oder am eigentlichen Geburtstermin sind die Gefühle und Erinnerungen wieder sehr stark. Die Intensität hängt hierbei natürlich von verschiedenen Faktoren ab. Es spielt eine Rolle wie stark der Kinderwunsch war, ob man danach noch Kinder bekommen hat oder ob nur eine oder bereits mehrere Fehl- oder Totgeburten aufgetreten sind (vgl. Zwick 2010).
Frauen empfinden nach einer Fehl- oder Totgeburt oft eine innere Leere oder haben das Gefühl, ein Teil von ihnen sei gestorben. Oft werden Versagensängste und Schuldgefühle hervorgerufen, da sie ihr Kind nicht gesund zur Welt bringen konnten (vgl. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz 2005, S. 12).
Generell kann die Trauer einer Mutter bei einer Fehl- oder Totgeburt durch folgendes definiert werden:
– Schock, körperliches Leiden, Wut, Reizbarkeit, Verzweiflung
– Verdrängung der Trauer in der Familien- und/ oder Erwerbsarbeit
– Sehnsucht nach dem Kind und Träume vom Kind
– Angst vor der Wiederholung einer solchen Erfahrung, enttäuschte Hoffnung auf ein Kind
– Aggression gegenüber sich selbst und der Mitmenschen
– Selbst- oder Fremdvorwürfe, wie schlechte Ernährung, zu viel Arbeit und Stress
– Übernahme einer Kontrollfunktion in der Familie, damit die Trauer nicht überhandnimmt
– Kränkung des eigenen Selbstwertgefühls, etwa durch Verlust von Zielen und Lebensperspektiven, die an das Kind geknüpft waren
(vgl. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz 2005, S. 13).
