Psychische Folgen für den Lebenspartner
Es existiert eine große Anzahl an Literatur zum Thema Fehl- und Totgeburten und die sozialen, psychischen und körperlichen Auswirkungen auf Frauen. Wie Männer mit dem Erleben solcher Schicksalsschläge umgehen und welche Auswirkungen und Erfahrungen diese auf Betroffene haben ist jedoch weitgehend unerforscht (vgl. Rocktäschel , S. 6).
Doch auch für den Lebenspartner ist ein solch abruptes Ende einer Schwangerschaft schwer zu verarbeiten, denn Väter entwickeln ebenfalls ein sehr inniges Verhältnis zu dem Ungeborenen. Vor allem jene, die Ultraschallbilder gesehen und die Herztöne des Kindes gehört haben, betrauern den Verlust intensiver. Männer leiden zwar seltener an Depressionen als ihre Partnerinnen, greifen jedoch überdurchschnittlich oft zu Alkohol. Häufig versuchen sie auch, sich durch mehr Arbeit oder andere Aktivitäten wie Sport abzulenken. Aus Angst und Hilflosigkeit, versuchen Betroffene oft zu schweigen und sich zurückzuhalten, um ihre Partnerinnen zu schützen. Dies wird aber häufig fälschlicherweise als Mangel an Betroffenheit und Mitgefühl gedeutet.
Forscher analysierten 2005, dass sich Vater und Mutter nur sehr selten gleichzeitig in intensiven Trauerphasen befinden. Um sich gegenseitig zu schützen und zu unterstützen, wechseln sie sich unbewusst ab, um dem besonders Belasteten alltägliche Aufgaben abzunehmen und ihn beim Trauerprozess zu unterstützen (vgl. Spektrum der Wissenschaft 2009).
Für den Großteil der Männer hat der körperliche Schmerz der Frau Priorität. Sie versuchen, ihre Gefühle zu verdrängen und für ihre Partnerin stark zu sein, was aber zu einer großen Belastung führt. Betroffene richten, im Gegensatz zu Frauen, keine Schuldzuweisungen an sich oder ihre Frauen. Sie versuchen, die Geschehnisse zu akzeptieren und als unumgänglich und schicksalhaft anzusehen.
Nach der Geburt eines Kindes vergessen Männer die vorhergehende Fehlgeburt meist mit der Zeit. Sie beginnen, das Geschehene schrittweise zu verarbeiten und zukunftsorientierter zu denken (vgl. Rocktäschel, S. 19/20).
In einer 2004 veröffentlichten Studie wurde erhoben, in welchem Ausmaß Männer Unterstützung erhalten. Während Frauen immer zu einem Beratungsgespräch eingeladen werden, bekommen ihre Partner meist keine direkte Möglichkeit dazu. Es besteht die Möglichkeit, die Mütter zu begleiten und einen Fragebogen auszufüllen. Viele betroffene Männer fühlen sich unzureichend beraten und aufgeklärt, sodass sich diese nach einer Fehl- oder Totgeburt oft unsicher fühlen.
Die Gefühle der Betroffenen sind denen der Frauen sehr ähnlich. Auch sie empfinden bei einer Fehlgeburt meist Traurigkeit, Unsicherheit, Angst, oder Verzweiflung (vgl. Rocktäschel, S. 21).
