...ein Tabuthema?

Jeder Mensch hat seine eigenen Tabus, Dinge über die man nicht spricht. Keine Tabletten zu nehmen, immer höflich zu sein, nie diesen einen roten Rock zu kaufen, der deutlich zu kurz ist. Doch fast alle Menschen haben das eine, gleiche Tabu: den Tod.

Über den Tod zu sprechen wird gemieden, sei es ein Selbstmord, ein natürlicher Tod, Mord, Krankheit oder ein Unfall. Menschen sprechen nicht darüber. Sie behalten es für sich, sprechen meist nur mit den engsten Freunden und Verwandten darüber, die jedoch nie mitfühlen können. Die Unbeholfenheit ist man satt und selbst den Versuch, der Person mehr Empathie entgegenzubringen, möchte man nicht mitansehen.

Über Fehl- und Totgeburten wird in der heutigen Zeit selten gesprochen, um den betroffenen Personen nicht zu nahe zu treten. Aus anderer Sicht möchte man keinem „auf die Füße steigen“. Es sollte kein Stigma sein, sich auf seine Gefühle einzulassen oder für Menschen da zu sein, ohne ihnen mit Vorwürfen oder Tollpatschigkeit gegenüber zu treten.

Es ist vollkommen natürlich, in einer so glücklichen Zeit, wie der Schwangerschaft, nicht an das Schlimmste zu denken. Die positive Weltanschauung sollte aufrechterhalten werden, denn besonders schwangere Frauen neigen zu spontanen Gefühlsausbrüchen und der Angst, ihrem Kind könnte etwas zustoßen, wobei sie völlig machtlos wären.

Ein Kind zu verlieren kann viele Vorwürfe mit sich bringen, auch wenn sie unbegründet sind. Frauen die ein Kind verlieren, können ihrer Trauer meist keinen freien Lauf lassen, aus Angst, Anklagen ausgesetzt zu sein. Nur sie allein müssen mit den Gefühlen der Schuld, Trauer und Scham leben. Isoliert von der Umwelt, welche sie nie verstehen würde. Insbesondere ist es deshalb ein sehr großes Tabuthema, weil es sich um ein Kind handelt, das kurz vor dem Beginn steht, das Licht der Welt zu erblicken. Eine Schwangerschaft ist meistens mit dem Gefühl der Freude verbunden, und sollte nicht mit dem der Trauer und dem Tod in Verbindung kommen.

„Medizinisch gesehen glauben wir, jedes Problem lösen zu können. Wir glauben an die Allmacht und das Wissen von Ärzten, die jede Fehl- oder Totgeburt verhindern können sollten. Dabei ist den meisten Menschen nicht bewusst, wie komplex die biologischen Vorgänge in unserem Körper- besonders bei einer Schwangerschaft – sind.“ (Rhomberg 2015)

Zudem kann die Rolle als Mutter nicht eingenommen werden und ein Gefühl der Leere entsteht, da sie keine Mütter, sondern „nur“ noch Frauen sind. Es wird von der heutigen Gesellschaft verlangt, seine Trauer zu verdrängen, möglichst schnell wieder die Arbeit aufzunehmen und seinen Pflichten nachzugehen. Es sollte jedoch klar sein, dass jeder Mensch eine Vertrauensperson braucht, bei der er seinen Gefühlen freien Lauf lassen kann. Diese Person sollte einem helfen, das Schweigen zu brechen und frei über den Verlust, die Ängste und die Schulgefühle sprechen zu können (vgl. Lothrop 2014, S.39).