Psychische Folgen für Geschwister
Doch auch die älteren Geschwister oder nachfolgenden Kinder können durch eine Fehl- oder Totgeburt belastet werden.
Geschwister empfinden die Schwangerschaft der Mutter oft unterschiedlich:
– Liebe, Stolz und Freude über die Ankunft einer Schwester / eines Bruders,
– Freude und Hoffnung, einen neuen Spielkameraden zu finden
– Ärger wegen Verzicht und Trennung von der Mutter beim Klinikaufenthalt
– Konkurrenzdruck und Neid, weil das erwartete Kind die Aufmerksamkeit und Liebe der Eltern in Anspruch nimmt
– Angst, vom erwarteten Baby verdrängt zu werden.
Ist das erwartete Kind in Gefahr, konzentrieren sich die Eltern mehr auf dieses. Die Geschwister reagieren in solchen Situation oft sehr sensibel auf das Verhalten und die Gefühle der Eltern (vgl. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, S. 14)
Bei einer Fehl- oder Totgeburt denken Geschwister an den oft vorausgegangenen Wunsch, das neue Kind sollte gar nicht kommen. Daraus resultieren häufig Schuldgefühle, da geglaubt wird, der Wunsch sei in Erfüllung gegangen. Da Vater und Mutter in ihrer eigenen Trauer meist nicht die Kraft haben, ihren Kindern die Zuwendung und Zeit für Gespräche zu geben, werden die Kinder auch nicht beruhigt und von ihren Schuldgefühlen befreit.
Viele Kinder bekommen in der nachfolgenden Zeit zu viel oder auch zu wenig Zuwendung von ihren Müttern, aus Angst, auch dieses Kind noch zu verlieren, oder aufgrund fehlender Kraft und emotionaler Stärke.
Kleinere Kinder reagieren auf den Tod oft mit Verwirrung und Angst, da plötzlich etwas anders ist. Ältere jedoch zeigen nicht selten Verhaltensänderungen wie Aggression, zerstören Spielzeug oder beziehen den Tod in einem Spiel mit ein. Da Kinder Gefühle wie Schmerz, Kummer und Trauer nicht so gut zeigen können wie Erwachsene, ist es wichtig, dass sie nicht vergessen werden. Auch sie sind vom Verlust betroffen und verdienen Beachtung und Verständnis (vgl. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, S. 15).
Auch das nächste Kind, das nach einer Fehl- oder Totgeburt geboren wird, betrifft ein gewisses Risiko. So besteht häufig die Gefahr, dass das Kind von den Eltern als Ersatz für das verstorbene gesehen wird. Viele Frauen gehen, aus Angst vor einem neuerlichen Verlust, eine weniger intensive Bindung mit ihrem Kind ein. So weisen betroffene Kinder im Alter von einem Jahr durchschnittlich ein gestörtes Bindungsverhalten auf. Dieses kann später zu einem Selbstwertproblem oder Verhaltensauffälligkeiten führen (vgl. Spektrum der Wissenschaft 2009).
